Haushaltsrede von Werner Waßmuth zum Entwurf des Haushaltsplans 2019 der Gemeinde Lohra

15.03.2019

Sehr geehrter Herr Vorsitzender Kisch,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Gaul,
liebe  Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Zuhörer,

Wir haben heute die Verabschiedung des Haushaltsplanes 2019 auf der Tagesordnung. Die Verabschiedung des Haushaltplanes für das laufende Jahr ist immer die wichtigste Entscheidung, die ein Parlament zu treffen hat. Deswegen ist es wichtig, dass wir als Gemeindevertreter uns ausführlich mit dem vom Gemeindevorstand festgestellten Zahlenwerk befassen.

Bevor der Gemeindevorstand den Haushaltsplan eingebracht hat, wurden wir als Gemeindevertreter in einem sogenannten Workshop, der am Freitagnachmittag, den 18. Januar 2019 stattfand, beteiligt. In der Finanzplanung, sprich Liquiditätsplanung für das laufende Jahr musste ein Finanzloch von rund 450.000 € gestopft werden.

Über alle Fraktionen hinweg haben wir uns mit dem vom Gemeindevorstand vorgelegten
Zahlenwerk konstruktiv auseinander gesetzt und dabei strikte Haushaltsdisziplin walten lassen. So haben wir in alle Bereiche durchforstet und die umfangreichen Wünsche und Notwendigkeiten auf das vorläufig Machbare reduziert. Insgesamt haben wir 24  Positionen verändert, um das Ziel, die Finanzlücke zu schließen, zu erreichen.

Unser Problem, auch für die nächsten Jahre liegt darin, dass die Ergebnishaushalte voraussichtlich deutlich positiv ausfallen, während die Liquiditätsplanung Probleme aufzeigt. Kredittilgungen und insbesondere die notwendigen Investitionen belasten unseren Gemeindehaushalt schon lange. Investitionen und auch Kredittilgungen haben keine Auswirkungen auf die Ergebnishaushalte. Im Ergebnishaushalt fließen z.B. Ertragsverbesserungen durch die Auflösung von Sonderposten und Rückstellungen ein, die lediglich buchungstechnische Folgen haben, aber es fließt damit kein Geld in die Kasse.

Ende 2017 hatten wir eine Gesamtverschuldung von 7,7 Mio. Euro, davon 4,7 Mio. Euro aus langfristigen Investitionsdarlehen plus 3 Mio. Euro Kassenkredite. Die Kassenkredite waren unser eigentliches Problem und deren Folgekosten werden es bis 2026 noch sein. Das Land Hessen hat uns im letzten Jahr von den Kassenkrediten entschuldet. Allerdings müssen wir einen Eigenanteil mit jährlich 136.625,00 €  bis 2026 an die Hessenkasse abführen, die zusätzlich erwirtschaftet werden müssen. Da künftig keine Kassenkredite mehr aufgebaut werden dürfen, heißt dies, ausgeben können wir nur das Geld, was wir auch in der Kasse haben. Nach dem jetzigen Stand benötigen wir für die Tilgungen jährlich rund 610.000 € zuzüglich Zinsen, die derzeit bei 83.000 € liegen.

Dies bedeutet, unsere Bemühungen um die weitere Konsolidierung der Gemeindefinanzen dürfen nicht nachlassen.

Nach unserem gemeinsamen Workshop schließt der Ergebnishaushalt mit einem Überschuss von 1.085.557,00 € ab, der Finanzaushaushalt mit einem Überschuss von 165.358 €. Dabei ist aber eine Darlehensaufnahme in Höhe von 472.465,00 € eingeplant.
Der Gemeinde verbleiben insgesamt Deckungsmittel in Höhe von 3.722.501,00 € oder 679 € pro Einwohner.

Als die stärksten Ausgabenposten verbleiben, auch nach unserem Haushaltsworkshop

1. Kitas mit 1.196.699 €   = 32,15 % der Deckungsmittel
2. Gemeindestraßen 455.374 € = 12,23 % der Deckungsmittel
3. Brandschutz 407.469 € = 10,95 % der Deckungsmittel
4. Dorfgemeinschaftshäuser 228.226 € = 6,13 %
5. Bauverwaltung 240.673 € = 6,47 %


Ich sagte es schon, an 24 Positionen im Haushaltsplan 2019 haben wir einvernehmlich Veränderungen vorgenommen, um zu einer Barmittelverbesserung von 439.300,00 € zu kommen.

Liste der Veränderungen:
- 1.500 €: Es gibt keinen Neubürgerempfang.                    
- 3.000 €: Die Aufwendungen für die Betreuung des Computernetzwerkes im Rathaus werden gekürzt.
- 10.000 €: Die neue Telefonanlage im Rathaus wird nicht geleast sondern gekauft.                                                
- 10.000 €: Aufwendungen für Fortbildung werden gekürzt.   
- 4.200 €: Verwaltungsgebühren werden um 50% angehoben.
- 1.500 €: Feuerwehrgebühren werden neu kalkuliert.           
- 8.000€: Der Sonderschutzplan wird weitestgehend auf 2020 verschoben.                                                               
- 20.000 €: Umbau DGH Rodenhausen zum Gemeindearchiv wird zurückgestellt.                                                          
- 1.000 €: Zuschüsse an Partnerschaftsvereine werden halbiert.
- 6.000 €: Beiträge für Ferienspiele und Ferienbetreuung werden verdoppelt.                                                            
- 100.000 €: Elternbeiträge für die Kitas werden angehoben.
- 5.000 €: Pflege der Sportanlage Hainbuchshöhe wird reduziert.
- 20.000 €: Flächennutzungspläne  Windenergie werden teilweise auf 2020 verschoben.                                                    
- 8.000 €: Die Straßenbeleuchtung  wird von 0.00 bis 5.00 Uhr abgeschaltet.                                                             
- 30.000 €: Instandhaltung Kreisel Berliner Straße erfolgt nur mit geringstem Aufwand.                                                 
- 5.000 €: Erstellung des Straßenbauprogramms erfolgt nur in geringstem erforderlichen Maße.                                
- 6.500 €: Nachzertifizierung „Extratour Schauinsland“ wird komplett gestrichen.                                                                 
- 45.000 €: Bestattungskosten werden auf 100 % Kostendeckung angehoben.                                                         
- 20.000 €: Abrechnungen Ausgleichsmaßnahmen                   
- 12.500 €: Instandhaltungen Bürgerhäuser und Mehrzweckgebäude werden reduziert.                                                
- 4.000 €: Das erforderliche Pritschenfahrzeug für den Bauhof wird nicht geleast sondern gekauft.
- 7.000 €: Die Spielapparatesteuer wird um 50 % erhöht.
- 104.200 €: Trotz allem ist es erforderlich, die Grundsteuern A und B auf einen Hebesatz von 380 € auf 440 € anzuheben     
-  
Gesamtverbesserungen:                                               439.300 €

Die Erstellung dieser „Giftliste“ war unabdingbar, um zu einem genehmigungsfähigen Haushalt zu kommen. Das war eine harte Arbeit und zeigt, dass alle Fraktionen in der Gemeindevertretung, wenn es um die Zukunft unserer Gemeinde geht, zusammen stehen und auch bereit sind, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, auch wenn der Wind kräftig von vorn ins Gesicht bläst.

Ich denke wir sind trotz allem auf einem guten Weg, die Probleme der Zukunft mit der derzeitigen finanziellen „Unterfütterung“ trotz aller nach wie vor berechtigten Sorgen um die finanzielle Entwicklung unserer Gemeinde in der Zukunft lösen zu können.  Doch müssen wir uns Gestaltungsspielräume eröffnen, die es uns ermöglichen, die Gemeinde positiv weiter zu entwickeln. Allerdings müssen wir dabei nach wie vor weiter sparsam und vorausschauend wirtschaften und das Geld mit Augenmaß ausgeben.

Doch sind auch wir in der Gemeinde Lohra als Flächengemeinde mit vielfältigen strukturellen Problemen konfrontiert. So muss eine verhältnismäßig große Infrastruktur an Straßen, Kanälen, Feuerwehren, Gebäuden, wie z.B. zur Zeit noch 5 DGH’s und ein Bürgerhaus sowie auch andere Gebäude, aber auch Sportstätten unterhalten werden.

Bei den anstehenden Zukunftsaufgaben müssen wir allerdings den demografischen Wandel berücksichtigen, der auch unsere Gemeinde mit allen seinen Folgen trifft. So hatten wir in der Zeit von 2000 bis 2017 einen Bevölkerungsrückgang über 6 Prozent zu verzeichnen. Derzeit sind etwa 54 % unserer Einwohner zwischen 20 und 60 Jahren alt und nur 27 % darüber. Nach Hochrechnungen für 2030 werden  nur noch 43 % der Einwohner zwischen 20 und 60 Jahren und 40 % im Alter von 60 + sein. Die Anzahl der Kinder sinkt nach diesen Prognosen im Zeitraum bis 2030 von 24 % auf 17 %.

Welche Folgen hat das für unsere Gemeinde? Wie stellen wir uns für die Zukunft auf? Dazu einige Gedanken:

1. Wir müssen noch familienfreundlicher werden, ich nenne hier nur ausreichend Kita-Plätze, ich nenne die Betreuungsangebote in der Grundschule und Freizeitangebote.
2. Altersgerecht ausgestaltete Gehwege und Einrichtungen, barrierefrei ist hier das Stichwort.
3. Zukunftsfähige Konzepte zur Belebung der Ortskerne müssen entwickelt werden.
4. Zur Zukunftsfähigkeit gehören die Bestandssicherung unserer Grundschule, das Waldschwimmbad, unsere Kultureinrichtungen, wie das Naturkundehaus, Hirtenhaus, die Alte Kirche in Altenvers, Altes Rathaus Lohra, Heimatstube Weipoltshausen, etc. Ein wichtiger Beitrag hierzu leisten unsere Vereine, die ehrenamtlich arbeiten. Es sind gerade die Vereine mit ihren vielfältigen Angeboten, die die Dorfbevölkerung zusammenhalten. Jung und Alt finden hier zusammen und können vor allem der Vereinsamung älterer alleinstehender Menschen entgegenwirken. In diesem Zusammenhang verweise ich auf einen CDU Antrag aus dem Jahre 2016 zur Erarbeitung von Vereinsrichtlinien. Bisher hat uns der Gemeindevorstand noch nichts vorgelegt.
5. Wir müssen auch ausreichend Bauplätze, d. h. Neubaugebiete zur Verfügung stellen. Aber hier muss auch der Grundsatz gelten, Innenentwicklung vor Außenentwicklung. Es ist auch ein Standortvorteil für unsere aufstrebenden Unternehmen mit vielen neuen Mitarbeitern, wenn sich möglichst viele junge Familien in Lohra fest ansiedeln können. Dabei möchte ich auch sagen, die Neubaugebiete schaffen zwar leicht zu erschließenden Wohnraum, lassen aber in den Ortskernen Straßen- und Abwasserbeseitigungs-Einrichtungen zurück, die künftig von weniger Abgabenschuldnern unterhalten werden müssen. Deswegen müssen wir auch den Leerständen in den Ortskernen entgegenwirken.
6. Auch den interkommunalen Gewerbepark Salzbödetal müssen wir weiter entwickeln und  erweitern, wenn sich die Ansiedlungsbereitschaft so wie in letzter Zeit, fortsetzt. Dort entstehen hochqualifizierte Arbeitsplätze, einige der dort angesiedelten Unternehmen sind weltweit unterwegs und entwickeln sich durch ihre Innovationskraft und Leistungsstärke zu Marktführern und zwar weltweit. Neudeutsch heißt das heute Hidden Champions. Unsere Entscheidung zur Schaffung des IGS Anfang der 90 er Jahre im letzten Jahrhundert erweist sich heute als Erfolgsgeschichte. Die Vergangenheit möchte ich eigentlich ruhen lassen – aber wie heftig sind wir seinerzeit kritisiert worden?

Unser Weg führt in die richtige Richtung.

Der Gemeindevorstand hat mit dem Haushalt 2019 einen Haushalt eingebracht, der zum 4. Mal in Folge ausgeglichen ist, er erhält keine Neuverschuldung, die Kassenkredite werden Ende 2019  auf Null gestellt. 

Der Haushalt ist eine konsequente Fortsetzung der Haushaltspolitik der letzten Jahre. Hier wurden die Grundlagen gelegt.

Nicht zuletzt spiegelt dieser Haushalt auch die positive Arbeit der konstruktiven Zusammenarbeit in der Gemeindevertretung wieder. So kann eine Gemeindevertretung  erfolgreich arbeiten, wenn sich die Fraktionen in den Ergebnissen wiederfinden. Das ist bei uns der Fall.

Der Haushaltsplan ist die Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung und bildet den Rahmen dafür, was wir für die Bürger tun können oder lassen müssen. Er ist ein Eckstein der kommunalen Selbstverwaltung. Allerdings muss man den Eindruck haben, dass kommunale Selbstverwaltung heute oft nur ein Schatten dessen ist, was seinerzeit dem Freiherrn vom Stein als Vater der kommunalen Selbstverwaltung vorgeschwebt hat. Wir sind heute teilweise fremdbestimmt, Bund und Land übertragen uns Aufgaben, die wir ausführen müssen, für die wir aber zu einem erheblichen Teil keine finanziellen Mittel haben. Die kommunale Selbstverwaltung muss eine angemessene Finanzausstattung bekommen, um in eigener Verantwortung zu entscheiden, wie sie das Geld sinnvoll ausgeben kann. Davon sind wir  heute weiter denn je entfernt. Der Haushalt ist wirtschaftlich, sparsam und effizient zu führen. Er ist kein Wunschkonzert, obwohl sicher alle von uns zahlreiche Ideen hätten, deren Verwirklichung wir für wünschenswert halten. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen muss unser Haushalt das bestmögliche für unsere Bürger herausholen. Das bedeutet auch, dass wir mit Augenmaß entscheiden müssen, ob und in welchem Umfang Leistungen ausgeweitet oder neue Leistungen eingeführt werden.

Für uns alle gilt: Wer nicht beizeiten das Notwendige tut, steht später auf verlorenem Posten oder kürzer: Wer das Notwendige unterlässt, steht nachher vor dem Nichts.

Ich habe den Eindruck, dass der Gemeindevorstand innerhalb der bestehenden Möglichkeiten und der von den Bürgern erwarteten Notwendigkeiten einen Haushaltsentwurf erstellt hat, der diesen Rahmenbedingungen  gerecht wird.

Ich komme nun zu den  aus meiner Sicht einzelnen Investitions-Schwerpunkten des Haushalts.

1. Feuerwehrmaßnahmen rund  450.000 €
2. Neue Straßenlaternen  8.000 €
3. Umstellung auf LED   20.000 €
4. Spielplatz Nanz-Willershausen 10.000 €
5. Spielplatzausstattungen 6.000 €
6. Nahwärmenetz Grundsatzplanung 20.000 €
7. Sanierung Abwasseranlagen  50.000 €
8. Ausbau Vogelsang Weipoltshausen 155.000 €
9. Kanalisation Sachsenhausen, Planungskosten 50.000 €
10. Sportanlage Hainbuchshöhe, Tartanbahn  20.000 €
11. Filteranlage Waldschwimmbad Kirchvers  87.000 €
12. Buswartehäuschen Damm   4.000 €
13. Zaun Friedhof Damm  6.000 €
14. Erweiterung der Wirtschaftswege 180.000 €
15. Neubau Vereinsheim Nanz-Willershausen 60.000 €
16. Familienzentrum Vorplanung 20.000 €
17. Bauhof, Ersatzbeschaffungen 46.500 €

Gesamt Investitionssumme                                           1.513.155,00 €

Finanzierung (Grundstücksverkäufe, Landeszuschüsse,
Jagdgenossenschaft, Anliegerbeiträge) 1.040.690,00 €
Kreditaufnahmen 472.465,00 €

 

Ausgeglichenheit des Haushaltsentwurfes: Der Haushalt ist zum 4. Mal in Folge ausgeglichen.

Lassen Sie mich nun zum Schluss kommen.

Der vorliegende Entwurf des Haushalts 2019 ist ausgeglichen und enthält keine Neuverschuldung.
    
Er erfüllt damit ohne Einschränkung erneut den Anspruch an einen verantwortungsvollen und soliden Umgang mit den finanziellen Mitteln der Gemeinde. Er ist in seinen Inhalten ausgewogen sowie transparent und stellt damit eine gute Arbeitsgrundlage für das Haushaltsjahr 2019 dar.

Ich möchte mich für die CDU Fraktion nun noch bei allen Bürgern bedanken, die sich in unserer Gemeinde ehrenamtlich engagieren. Ohne deren Hilfe und Unterstützung wäre die Erledigung mancher Aufgaben nicht möglich.

Unser besonderer Dank gilt auch dem Kämmerer, Herrn Bürgermeister Georg Gaul, für die Vorlage seines Haushalts. Es war sicherlich eine schwierige Aufgabe, diesen Haushaltsplan 2019 unter Einbindung aller Fraktionen heute zur Abstimmung zu stellen.

Danke auch u.a. für den Workshop für die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter am  Freitag, den 18.1.2019. Dieser war sehr hilfreich und stellt eine gute Idee für die Vermittlung der Inhalte des Haushalts dar.

Den Mitarbeitern/Innen der Verwaltung, hier insbesondere  Herrn Lars Plitt, den ich ausdrücklich einmal persönlich nennen möchte, danke für die geleistete Arbeit, die umfassende Beratung und die Informationen, die für die Fraktionen bei der Auseinandersetzung mit dieser komplexen Materie äußerst hilfreich und manchmal auch von Nöten waren.

Die CDU-FRAKTION stimmt dem Haushalt 2019 zu.
Bei Ihnen allen bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.